Hallo, liebe Kameraden!
Wir schreiben das Jahr 2012 - genauer gesagt den September 2012. Die Tage werden schon merklich kürzer und der Herbst steht schon bald vor der Tür. Alle Armeen in ganz Europa haben ihre Reserveverbände in Rente geschickt – so macht uns ein schneller Blick über die militärische Landkarte Europas glauben! Wirklich alle? Nein – in der Alpenrepublik Österreich gibt es sie wie schon immer – die Jägerbataillone der Miliz! Milizsoldaten sind bei uns Teilzeitsoldaten, die einen Zivilberuf ausüben und zu Übungen und Einsätzen die Uniform anziehen, um zur Sicherheit unserer Heimat tatkräftig beizutragen.
In Österreich besteht in jedem der neun Bundesländer ein Jägerbataillon der Miliz – in der Bundeshauptstadt Wien gibt es zwei. Die Jägerbataillone der Miliz unterstehen dem Militärkommando des jeweiligen Bundeslandes und haben drei Kernaufgaben: Katastrophenhilfe, sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz und Schutz von wichtigen Gebäuden und Einrichtungen.
Ich möchte Euch heute herzlich zum Besuch der Beorderten Waffenübung des Jägerbataillons Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister", die vom 10. bis 14. September 2012 durchgeführt wurde, einladen! Das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" untersteht dem Militärkommando Wien und besteht aus Bataillonsstab – Stabskompanie, in der Führungs-, Versorgungs- und Unterstützungsteile zusammengefaßt sind – 1. Jägerkompanie – 2. Jägerkompanie – 3. Jägerkompanie. Der Verband verfügt über sehr bewährte Infanteriebewaffnung mit Pistole 80, Sturmgewehr 77, Scharfschützengewehr 69, Maschinengewehr 74, überschweres Maschinengewehr M 2, Panzerabwehrrohr 66/79, Panzerabwehrlenkwaffe 2000 BILL und schwerer Granatwerfer 86. Der Kommandant des Jägerbataillons Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" ist Oberstleutnant Michael Blaha.
Es gibt wohl kaum etwas typischer Österreichisches als die "Hoch- und Deutschmeister" mit ihrer jahrhundertealten Tradition! Diese Tradition begann schon im Jahre 1696 mit einem weißen Blatt Papier. Damals war nämlich die Zeit der Türkenkriege und der österreichische Kaiser Leopold I. warb Soldaten in den damaligen deutschen Kleinstaaten. Auf das vorhin erwähnte Blatt Papier wurde ein Vertrag zwischen Leopold I. und dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg aufgesetzt, in dem festgelegt wurde, daß der Deutsche Orden ein Regiment für den Kaiser aufstellt. Dieses Regiment wurde in Franken geworben und hieß zuerst "Pfalz-Neuburg-Teutschmeister zu Fuß", bald bürgerte sich aber der Name "Teutschmeister" ein!
Die "Teutschmeister" wurden am 3. Juni 1696 in den kaiserlichen Dienst übernommen und erlebten am 11. September 1697 bei Zenta ihre Feuertaufe in einer großen Schlacht. Dabei zeichneten sie sich so aus, daß der Kaiser nach dem Bericht des Feldherrn Prinz Eugen ein Dankschreiben an den Regimentskommandeur schickte! Im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen nahm das Regiment mit Bravour an der Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757 teil, wovon sich der bis heute begangene Traditionstag ableitet. Nach dem Siebenjährigen Krieg wurde dem Regiment der Wienerwald und die Wiener Vorstädte zur Werbung zugewiesen und es erhielt im Jahre 1769 die Nummer 4. Und so entwickelte sich Schritt für Schritt bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts der endgültige Name - kaiserlich und königliches Infanterieregiment "Hoch- und Deutschmeister Nr. 4" - im Volksmund kurz "Hoch- und Deutschmeister" oder "Deutschmeister" genannt! Die "Deutschmeister" waren in unserer Kaiserzeit das wohl bei weitem bekannteste Wiener Hausregiment! Regimentsinhaber war nach dem Verlust der Souveränität des Deutschen Ordens stets ein Habsburger Erzherzog. Im Ersten Weltkrieg kämpften die "Hoch- und Deutschmeister" zuerst am russischen Kriegsschauplatz und dann bis zum Ende des Krieges an der Südwestfront. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg strebten die Völker der Donaumonarchie auseinander und es kam auch zur Abrüstung der gemeinsamen Armee. Damit verschwand auch der Name "Hoch- und Deutschmeister" für einige Jahre aus der österreichischen Militärgeschichte!
Ab dem Jahr 1920 führte dann im Bundesheer der ersten Österreichischen Republik das Infanterieregiment 4 den Ehrennamen "Hoch- und Deutschmeister" bis zum Anschluß an das Deutsche Reich. In der darauf folgenden wohl düstersten Zeit deutsch - österreichischer Geschichte war die Deutsche Wehrmacht ab 1938 zunächst bestrebt, alles Österreichische aus ihren Reihen zu verbannen. Im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges erhielt dann die 44. Reichs-Grenadier-Division den Beinamen "Hoch- und Deutschmeister". Damit verfolgte man wohl die Absicht, die Alpen - und Donau - Reichsgaue - so wurde Österreich ab 1942 im Deutschen Reich genannt - zu besonderen militärischen Leistungen anzuspornen!
Im Österreichischen Bundesheer der heutigen Zweiten Republik übernahm zunächst das Feldjägerbataillon 5 die Deutschmeistertradition. Mit dem darauf folgenden Jägerbataillon 4 erhielt wieder ein Verband mit der Nummer 4 den Ehrennamen "Hoch- und Deutschmeister". Darauf folgten dann als Traditionsträger unmittelbar aufeinander das Landwehrstammregiment 21, das Jägerregiment 2 und das Jägerregiment Wien. All diese Verbände sind im Laufe der Jahrzehnte Bestandteile unserer Militärgeschichte geworden. Und so spannt sich über Jahrhunderte der Bogen österreichischer Militärtradition bis zum heutigen Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister"! Aktiver Partnerverband der heutigen "Deutschmeister" ist die in der Maria Theresien - Kaserne in Wien stationierte Garde.
In der Maria Theresien - Kaserne, die in dem noblen Wiener Gemeindebezirk Hietzing liegt, beginnen wir jetzt auch unseren Besuch der Beorderten Waffenübung des Jägerbataillons Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister". In diese Kaserne, deren Bau 1937 in den letzten Zügen der ersten Österreichischen Republik begann und die vom dann folgenden dritten Deutschen Reich für die Waffen - SS bis 1940 fertiggestellt wurde, rücken die Milizsoldaten am Beginn der Waffenübung ein. Die Milizsoldaten, denen man die Freude am gegenseitigen Wiedersehen ansehen kann, durchlaufen eine Aufnahmestraße, wo die Militärbürokratie zu ihrem Recht kommt. Dann erfolgt die Ausstattung mit dem Kampfanzug 03 - einem aufeinander abgestimmten System von Bekleidung und Ausrüstung auf dem neuesten Stand!
Mitten in der Maria Theresien - Kaserne befindet sich ein riesiger Antreteplatz, auf dem die Formierung des Bataillons und die Vorbereitung für die Verlegung auf unseren Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel - einen Teil unseres Bundeslandes Niederösterreich - erfolgt. Dorthin lade ich Euch herzlich zu einem Rundgang ein! Wir spazieren am Denkmal unserer berühmten Kaiserin Maria Theresia vorbei, die von 1740 bis 1780 regierte und die so manchen Krieg mit dem Preußenkönig Friedrich dem Großen ausfocht, und erreichen den Antreteplatz. Zunächst möchte ich Euch den aufgereihten Fahrzeugpark vorstellen! Unsere langjährig bewährten Lastkraftwagen sind die Steyr 12M18 - die neuen - erst seit einigen Jahren bei der Truppe - heißen Unimog U 4000. Der Instandsetzungszug führt einen ÖAF Dreiachser mit einem Dreiachshänger ins Feld. Die kleineren Geländefahrzeuge - gleichfalls seit Jahrzehnten bewährt - tragen den von der bekannten Pferderasse entlehnten Namen Pinzgauer. Es gibt den Pinzgauer in Zwei- und Dreiachsausführung sowie mit Planenaufbau, festem Aufbau und Sanitätsaufbau - also ein Arbeitspferd für jedes Gelände! Im weiteren Verlauf der Bilderserie präsentiert sich dann auch noch ein weiterer Dauerbrenner - der Puch G - in Deutschland wohl besser bekannt als Wolf!
All diese Fahrzeuge werden jetzt von den Soldaten der "Hoch- und Deutschmeister" übernommen, um mit ihnen in das Waldviertel zu verlegen! Zwischen den Fahrzeugen entdecken wir einen Soldaten, der sich beim Transport seiner neuen Ausrüstung bewährter Technik bedient! Und schon füllt sich der riesige Platz mit Soldaten, die in guter Stimmung ihre gepackte Ausrüstung herbeischleppen und vor sich aufstellen. An dieser Stelle möchte ich Euch Rekrutin Ida-Marie Baborsky vorstellen, die - wie wir sehen können - mit voller Kampfausrüstung an der SCHUTZ 2012 teilnimmt! Beim Österreichischen Bundesheer setzt man auf gleiche Chancen für beide Geschlechter und Frauen stehen alle Verwendungen offen! "Ach - das kann noch dauern, bis wir alle losfahren!", denkt sich der immer freundliche gute Geist der "Deutschmeister" Cleopatra und gönnt sich noch schnell ein Schläfchen!
Nach etwa zweistündiger Verlegung in das Waldviertel - einer Region mit faszinierender, manchmal urtümlicher Landschaft - nimmt das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" im Lager Kaufholz Quartier. Zügig bezieht der Bataillonsstab den "Command Post 01" und schon sehen wir die Rekrutin Ida-Marie Baborsky im Einsatz! Gemeinsam mit ihren männlichen Kameraden schützt sie rund um die Uhr als Mitglied der Wachgruppe den Bataillonsgefechtstand!
Am nächsten Morgen findet das bei den "Deutschmeistern" schon traditionelle Bataillonsantreten statt. Zu allererst tritt der Bataillonsstab mit dem Fahnentrupp vor dem Bataillonsgefechtstand an und marschiert zum Antreteplatz. Übrigens - auch im Bataillonsstab findet man Spuren der alten Donaumonarchie! Der Urenkel des Thronfolgers Franz Ferdinand, der 1914 in Sarajewo durch die serbische Geheimorganisation Schwarze Hand ermordet wurde, dient dort als Offizier!
Auch die Stabskompanie und die drei Jägerkompanien formieren sich und marschieren zum Antreteplatz. Nach dem das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" in bester Ordnung steht, wird dem Bataillonskommandanten, der zu diesem Zeitpunkt noch die letzten drei Tage Major ist, gemeldet. Unter Ehrenbezeugung durch das Bataillon marschiert der Fahnentrupp an der Front der angetretenen Soldaten vorbei und tritt ein. Nach einer kurzen Ansprache Major Blahas ist das Bataillonsantreten beendet und der Fahnentrupp marschiert aus. Zum Abschluß marschieren auch die Kompanien nacheinander ab und beginnen mit dem vorbereitenden Einsatztraining für die Gefechtsübung.
Schaun wir uns jetzt an, was sonst noch so im Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" los ist! Vater und Sohn Klausner dienen im Bataillon - der Vater im Instandsetzungszug und der Sohn im Fernmeldezug! Sohn Martin ist zu den "Deutschmeistern" gegangen, weil s da leiwand - auf Hochdeutsch ursuper - ist, was Vater Peter ganz stolz macht! Alle Soldaten freuen sich über ihren neuen Kampfanzug 03 - dieser hier im Bild ganz besonders - und machen sich mit der neuen Bekleidung und Ausrüstung vertraut! Jetzt freue ich mich ganz besonders, daß ich Euch die Gefreite Karina Sedlacek vorstellen darf! Wie Ihr seht, versorgt sie uns mit ihren Kameraden im Wirtschaftszug mit Essen und Trinken - und ein freundliches Lächeln gibt s immer noch dazu! Gefreite Karina Sedlacek will einmal Wirtschaftsunteroffizier werden und dann im nächsten Sommer einen Auslandseinsatz am Golan absolvieren.
Als nächstes schauen wir bei den lustigen Gesellen beim Sanitätszug vorbei! Der Sanitätszug betreibt eine Feldsanitätsstation und hat blendende Laune, was bei etwaigen anstehenden Behandlungen die stete Hoffnung zu besten Heilerfolgen nährt! Bei der Schutz 2012 hat es aber auch sonst noch jede Menge Neuerungen im Bataillon gegeben! Erstmals wird das neue Hakenladesystem mit Containern auf dem Lastkraftwagen MAN für den Transport von Ausrüstung zum Einsatz gebracht! Im Fernmeldebereich kommt das neue digitale Truppenfunksystem CONRAD zu seiner Premiere!
Zum bestmöglichen Einsatztraining der Jäger ist auch die Heerestruppenschule mit ihrem Duellsimulationssystem eingebunden. Damit können Gefechte mittels Sendern und Empfängern nachvollziehbar ausgewertet werden! Und schon sind wir beim Bataillonsgefechtstand zurück, wo wir sehen, daß man im Bataillonsstab taktische Optionen gehaltvoll in stehender oder in sitzender Runde abwägen kann!
Apropos Stab - auch der Sohn unseres bei der Truppe äußerst geschätzten Generalstabschefs General Entacher nahm an der SCHUTZ 2012 als Offizier teil! Vieleicht noch ein paar Zahlen zur Verlegung des Jägerbataillons Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" - der ersten Phase der SCHUTZ 2012! Auf den ersten Blick meint man ja, das sei ja nur ein leichtes Jägerbataillon und da gibt s nicht viel zu transportieren - leider ein Irrtum! In wenigen Stunden wurden 2 Soldatinnen und 600 Soldaten von der Maria Theresien - Kaserne in Wien in das Lager Kaufholz auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig verlegt. Diese Verlegung wurde mit rund 80 Fahrzeugen durchgeführt, wobei etwa 100 Tonnen militärische Ausrüstung transportiert wurden!
So Kameraden - das soll s gewesen sein mit meinem ersten Teil der SCHUTZ 2012! Jetzt ist genau die richtige Zeit, allen ganz herzlich zu danken, die mich bei diesem Artikel stets freundlich und geduldig unterstützt haben - vielen Dank Kameraden! Im zweiten Teil wollen wir uns zunächst das vorbereitende Einsatztraining der "Deutschmeister" ansehen und dann schauen, was es sonst noch Spannendes in Sachen SCHUTZ 2012 auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig gibt!
Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen beim Jägerbatailllon Wien 1 "Hoch - und Deutschmeister"!