Etwa 50 Kilometer südlich von Wien, zwischen Baden und Wiener Neustadt, liegt der Schießversuchsplatz Felixdorf. Hier testet das Referat Leichte Waffen des Amtes für Rüstung und Wehrtechnik Schutzausrüstung und neue Waffen für unsere Soldaten. Am 23. Juni 2017 hatten 16 Deutschmeister die seltene Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren.
In seiner Geschichte hat der Schießplatz schon viel gesehen; aus Stellungen im Schneeberggebiet schoss die k.u.k.-Armee mit Marinegeschützen auf nachgebaute Befestigungsanlagen, um die Wirkung testen zu können. 1911 wurde hier der bekannte 30,5cm Skoda-Mörser eingeschossen. Die Oberfläche des Schießplatzes nutzen die Mitarbeiter dieses Referats aber selten. Ihre Tests passieren darunter – im 500m langen Schießkanal. Hier wurden die ballistischen Daten für das SSG69 mit dem Gewehr, der Optik und der speziellen Munition praktisch erschossen. Heute werden sie anhand von Referenzwerten theoretisch errechnet. „Wir testen hier alles, was der Soldat tragen kann. Waffen bis Kaliber 2cm und Körperschutzausrüstung“ erzählt Oberleutnant Reiter. Danach gibt der gelernte Waffentechniker Einblicke in die Testabläufe für Schutzausrüstung und Waffen. Vor ihm auf dem Tisch liegen die stummen Zeugen der Versuche: Schutzwesten, ballistische Schutzplatten und Helme – alle mit Dellen, Rissen und Löchern. Mit einer durchlöcherten Schutzplatte in der Hand erzählt er über die unterschiedliche Interpretation des Begriffs Schutzklasse in anderen Armeen im Vergleich zum Bundesheer. Dort werde die Schutzklasse danach definiert, wann die Platte durchschlagen werde. Tödliche innere Verletzungen des Soldaten durch die Verformung der Platte seien hier nicht berücksichtigt. In Österreich sei es anders: Bei uns werde die Schutzklasse danach definiert, ob der Soldat überlebt, sagt er.
Danach führte Fachinspektor Stamm die Deutschmeister durch die Schauräume der Waffenausstellung – einem Teil der größten Referenzwaffensammlung Europas! Neben dem Erprobungs- habe das Referat auch einen Ausbildungsauftrag, erklärt er. Diese Ausbildung erfolgt in verschiedenen Stufen: Während Angehörige der Nachrichtendienste fremde Waffen nur ansprechen – sprich identifizieren – können müssen, muss die Militärstreife diese auch in einen sicheren Transportzustand bringen können. Soldaten des Jagdkommandos müssen in der Lage sein, mit ihnen zu kämpfen. Auch stünden die Waffen für kriminaltechnische Untersuchungen zur Verfügung, wenn etwa ein Verbrechen mit einer ungewöhnlichen Waffe verübt wurde, so Stamm. Die Ausstellung beschränkt sich wegen der Vielzahl an Exemplaren aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und danach. So sind das Sturmgewehr 58 mit den damaligen Konkurrenzprodukten und das Sturmgewehr 77 in all seinen Varianten bis zur Version A2 zu sehen. Wer glaubt, dass diese Variante von Steyr entwickelt wurde, der irrt. „Wir haben das A2 gemeinsam mit dem Jagdkommando entwickelt, alle Spezifikationen und Zeichnungen hier erstellt und Steyr zur Produktion übergeben.“, erzählt Stamm.
Auch über das noch aktuelle Scharfschützengewehr des Bundesheeres, das SSG 69 von Steyr-Mannlicher, weiß er etwas zu erzählen: „Dass SSG 69 war das erste Scharfschützengewehr weltweit, das rein für den militärischen Einsatz entwickelt wurde – alle anderen bis dahin hatte Jagdgewehre als Basis.“. Es ist auch ein Beweis für die waffentechnische Kompetenz, die wir in Österreich haben. Der Kunststoffschaft war in den 1960er Jahren so revolutionär, dass die Fachwelt sagte: „Ein Schaft aus Kunststoff, das geht doch nicht!“. Es ging. Knapp 20 Jahre später das gleiche beim Sturmgewehr 77, und auch Glock hörte „Eine Pistole aus Kunststoff, das funktioniert doch nicht!“. Nun, es funktionierte. Und wie! Heute sind diese Waffen Legenden.
Ob das SSG 08, ebenfalls von Steyr-Mannlicher, Potential zur Legende hat, wird sich zeigen. Von diesem mittleren Scharfschützengewehr im Kaliber .338 Lapua Magnum und Kahles-Optik sind bereits 120 Stück bestellt. 2018 soll das schwere Scharfschützengewehr Barrett M82 in .50 BMG eingeführt werden. Welches Modell sich als DMR (Designated Marksman Rifle; Präzisionsgewehr) im Klassiker .308 Winchester durchsetzen wird, ist noch ein wohlgehütetes Geheimnis.
"Ein erklärtes Ziel unseres Bataillons ist es, den Kameraden Veranstaltungen anzubieten, die nicht jeder Milizangehörige so einfach besuchen kann."
Bereits im letzten Jahr hatten die Teilnehmer des Besuches bei Amt für Rüstung und Wehrtechnik
die Möglichkeit, spezielle Handfeuerwaffen auszuprobieren und Schutzausrüstung zu testen.
Heuer hatten wir durch den S4 des Bataillons, Hptm Berdt Wesiak, die Möglichkeit, einen brandneuen 6cm Granatwerfer der Firma
Hirtenberger im scharfen Schuss zu testen. Nach einer umfangreichen Einweisung in Wesen und Wirkung der beiden GrW Varianten (einmal mit Zweibein und Optik und einmal nur mit Werferrohr als
Kommandowerfer), konnten wir den Einsatz im scharfen Schuss beobachten.
Als Zweibein-Variante (sieht aus wie ein verkleinerter mGrW) erreicht der Werfer (je nach Rohrlänge) eine maximale Reichweite von
3.900 Meter. Alle gängigen Granatwerfer Munitionsarten können verwendet werden. Der Ablauf ist vergleichbar mit den größeren Werfern, d.h. Einsatz von Schießtabellen, Richtstangen, Richtoptik
usw.)
Viel spannender, weil für uns völlig neuartig, ist der Einsatz als Kommandowerfer! Das Rohr wird (ohne Zweibein) mit einem kleinen
Dorn am Boden abgestützt, dann stellt man auf einer Skala Munitionsart und Reichweite ein, und zum Schluss versucht der Schütze eine senkrechte und eine waagrechte Wasserwaage so zu justieren,
dass die vorher eingestellte Höhen- und Seitenrichtung erreicht wird. Die Reichweite beträgt bis zu 1.900 Meter, die Treffergenauigkeit ist bei einem geübten Schützen absolut brauchbar. Dieser
Kommandowerfer wird beispielsweise von der britischen SAS eingesetzt.
Jeder Teilnehmer konnte zwei Granaten abfeuern und selbst die Hitze beim Abschuss spüren. Alle waren sich einig, so eine Waffe
braucht das Bataillon! Der Kaufpreis beträgt einige tausend Euro und wir suchen bereits nach Sponsoren... ;-)
Im Anschluss hatten wir die Gelegenheit, die Herstellung solcher Granaten in der Fa. Hirtenberger zu erleben. Mit hochmodernen
Maschinen, aber immer noch erstaunlich viel "Handarbeit", wird Panzer-, Haubitzen- und Granatwerfermunition für verschiedenste Armeen der Welt erzeugt. Die Fehlertoleranz in der Produktion darf
nicht höher als 0,01% betragen, da sonst die Gefahr von Blindgängern besteht. Solange die maximalen Lagerzeiten der Munition eingehalten wird, garantiert Hirtenberger für deren
Funktionstüchtigkeit.
Den Abschluss dieses höchst interessanten Ausfluges bildete ein gemeinsames Mittagessen in einem nahe gelegenen Gasthaus, wo wir
auch noch auf den Geburtstag unseres Vereinsmitgliedes Andrea Stubner anstoßen konnten."